16. Bundeslehrgang des VaK 2017 in Meitingen

Ein Jahr ist um, es ist so weit – s’ist wieder Bundeslehrgangszeit. Und weil der dieses Mal (wieder) in Meitingen bei Augsburg stattfand, meldeten sich 25 Penzberger Budoka an.

Nach der Begrüßung der ca. 300 Teilnehmer durch Shihan Wolfgang Wimmer, den Stellevertreter des Landrats sowie den Bürgermeister von Meitingen durften sich alle nach Herzenslust auf die Angebote der hochkarätigen Referenten aus ganz Europa und Israel verteilen. Und da war einiges geboten in dieser schönen und gut gelüfteten Halle!

Auf der Matte 1 liefen gleich mal 5 Einheiten Karate Do, was eintöniger klingt als es war, denn Shihan Rony Kluger aus Israel, Sensei Alexander Neidhart aus der Schweiz, Shihan Rolf Gerisch, Shidoin Rainer Wardin und Sensei Dr. Michael Honikel ließen keine Langeweile aufkommen. Jeder zeigte das Besondere an seinem Stil und seiner Ausrichtung: eine anspruchsvolle Kata war ebenso Thema wie schnelle Reaktionen oder ein in sich ruhender Stand und natürlicher Haltung. Nach einem Exkurs ins Tae Kwon Do, der von Sahbum-Nim Amedeo Pastore geleitet wurde und von dem alle in der Halle etwas hatten (Stichwort „Kampfschrei“), folgten weitere zwei Einheiten Karatedo unter Shihan Kluger und Sensei Neidhart. Den Abschluss mit einer Runde Tae Kwon Do machte auf dieser Matte Carolin Haering, eine von zwei weiblichen Referentinnen.

Begonnen hatte auf der Jiu-Jitsu-Matte Shihan Rudolf Gabert mit unserer Jahrestechnik Ellbogenstoß in der Selbstverteidigung. Ihm folgten Shihan José Miguel Martínez Barrera aus Spanien, der dort ansetzte, wo er letztes Jahr aufgehört hatte, mit seiner Dolmetscherin, die wie immer alles ins Englische übersetzte; der humorvolle Österreicher Shihan Dr. Franz Knafl mit fiesen Finger-Techniken („das Brot brechen“ – AUA!), der so ziemlich alle männlichen Penzberger Danträger unter 42 eigenhändig die Finger verbog.

Die Brotzeitpause ließ die Gelenke wieder zur Ruhe kommen und die im Team arbeitenden Brüder Shihan Christian und Roderick Bajada aus Malta forderten dann eher die Anzugjacken mit ihren Clinches und Würfen. Schließlich übernahm Shihan John Lawton aus Großbritannien. Hier lernten Max und Lydia ganz nebenbei einen Trick, wie man Leute mit „double joints“, also die sehr Beweglichen unter den Budoka, ruhigstellen kann. Alex, Thomas, macht euch auf etwas gefasst ;)…  Eine kleine Einheit Judo unterbrach die Reihe der Jiu-Jitsu Angebote. Shihan Yves Ramaeckers aus Belgien bewies hier, dass Alter kein Hindernis für Kampfkunst sein muss – es sei denn, man ist noch zu jung, um den Sport mit solcher Perfektion zu beherrschen. Nun hatten Hanshi Rudi Gabert und Shihan Barrera nochmals eine Einheit, bevor der Abschluss mit einer Einheit Jiujitsu eingeleitet wurde.

Das Programm war eines Weltlehrgangs würdig, wir sind nämlich noch nicht durch. Auf Matte 3 standen Aikido und Aikijitsu auf dem Programm: Shihan Reiner Brauhardt eröffnete bei den Aikidoka, gefolgt von dem gut gelaunten Shihan Pietro Paterna aus Italien. Er wurde vom Aikijitsu-Referenten Shihan Thomas Moser abgelöst, der nach einer kleinen Pause an den Gastgeber Shihan Wolfgang Wimmer für eine weitere Runde Aikijitsu übergab. Shihan-Dai Frank Jaubert aus Frankreich brachte seinen Assistenten Kiffl mit und zu zweit gestalteten sie die nächste Einheit. Shihan Michael Schwindel unterrichtete schließlich Messerabwehr-Techniken. „Nicht nur abblocken oder ausweichen – wer mit dem Messer daherkommt, setzt auf jeden Fall nach und muss gestoppt werden, bevor man ihn entwaffnen kann“. Wer jetzt noch seine Arme heben konnte und nicht auf eine andere Matte gegangen war, bekam jeweils noch eine Fortsetzung in Sachen Aikido von den Shihan Brauhardt und Paterna präsentiert. Shihan Rudolf Majcen aus Slowenien machte hier den Abschluss mit „ganz einfachen“ Wurf- und Rolltechniken. Nur waren die Gehirne schon so überfrachtet, dass bei vielen gar nichts mehr lief, nach dem Motto „Wer bin ich und wo ist bei mir oben?“

Das war’s, oder? Nein, weit gefehlt. 2 weitere Räume standen denjenigen offen, die sich für die spezielleren Kampfkunstsysteme interessierten, wie Kobudo (hier Bo der Langstock und Tonfa), Iaido (die Kunst des Schwertziehens), Kyusho, ein Teilgebiet aller asiatischen Kampfkünste, bei dem es explizit um Nervenpunkte des menschlichen Körpers geht, Hanbo (der halblange Stock im Einsatz), Aiki-Jo (ebenfalls eine Form von Stockkampf) und schließlich noch Allkampf, der Techniken aus allen Kampfkünsten entleiht und in diesem Fall das Thema Nothilfe in der Vordergrund rückte. In diesen kleinen Räumen gaben sich Shihan Seisuke Adaniya aus Japan, Shihan Patrice Merckel und Shihan-Dai Frank Jaubert aus Frankreich, Shihan Rudolf Majcen aus Kroatien, Shihan José Barrera aus Spanien, Shihan Rony Kluger aus Israel Shihan-Dai Heinz Perzl, Shihan Michael Brauer, Shihan Norman Goly, Gastgeber Shihan Wolfgang Wimmer und die Allkampf-Sensei, die als Vertretung von Richard und Robert Schönherr gekommen waren, die Klinke, oder vielmehr, den Stock, das Schwert und wieder den Stock in die Hand. Fremdsprachenkenntnisse waren aufgrund der Internationalität sehr von Vorteil.

Damit ging der erste Seminartag zu Ende. Maurizio, Sabine und Karlheinz konnten leider nicht bleiben, doch die anderen trafen sich nach einer erfrischenden Dusche und dem ein oder anderen Nickerchen zum großen Dinner im Gemeindesaal. Ein köstliches Buffet erwartete die elegant gekleideten Damen und Herren. Aber vor dem Schlemmen kamen zunächst einige Ehrungen.

Sie alle hier aufzuzählen, würde den Rahmen des Artikels sicher sprengen. Nur so viel sei dazu gesagt, vor dem Essen und zwischen den Gängen wurden viele Budoka aufgrund ihrer Leistungen und ihres Engagements für die Kampfkunst geehrt; einige Titel verliehen und Dojo-Jubiläen sowie natürlich das große 20-jährige VaK-Jubiläum begangen. Wolfgang hatte dazu ein Hochglanzbuch mit vielen Erinnerungsfotos gestaltet, das man kaufen konnte, wenn es einem nicht im Rahmen einer Ehrung überreicht worden war. Kurz nach der Nachspeise ließen alle den Abend fröhlich und nicht allzu spät ausklingen, um am nächsten Morgen wieder fit und ausgeschlafen auf der Matte zu stehen.

Das Programm hatte am Sonntag wieder einige Highlights in petto. Da kein Budoka am Samstag alles hatte ausprobieren können, bot der Sonntagvormittag die perfekte Gelegenheit Ausgelassenes oder Verpasstes nachzuholen oder anzusetzen, wo man am Vortrag aufgrund der Kürze der Einheiten hatte aufhören müssen. So wurden Techniken aus der Kata am Sonntag bunkai-mäßig umgesetzt oder Aikido-Techniken verfeinert, dem Messer auf der anderen Seite ausgewichen und ähnliches.

Beim Abgrüßen gegen 13:00h sah man in viele geschaffte, aber strahlende Gesichter. Und was immer wieder auf Neue fasziniert, ist die Ruhe und Gelassenheit, die sich beim letzten Zazen über so viele Menschen aus so vielen Ländern legt. Man kann den Willen zum Miteinander fast mit Händen greifen, so dicht, beinahe sichtbar, ist die positive Energie gewebt.

Um viele Ideen und Erfahrungen reicher, mit frischer Motivation und blauen Flecken, aber ohne ernste Verletzungen machte sich schließlich jeder wieder auf die mehr oder weniger weite Heimreise. Doch einige der neuen Freundschaften und sicher auch viele der Tricks und Techniken werden bestimmt noch lange und auch über die großen Entfernungen zwischen unseren Heimatländern fortwirken.

Text: Lydia Cordes